Nicht nur, dass er gegen unseren Biorhythmus verstößt, er raubt uns auch die wichtige Traumzeit, in der wir vieles vom Tag verarbeiten können, was uns zugesetzt hat. Wir durchlaufen mehrere Schlafstadien in der Nacht, die allesamt sehr wichtig sind für die Erholung und Leistungsbereitschaft sowie Ausgeglichenheit am Tag. Es gibt zwar immer wieder viele Artikel zu „Powernapping“ oder zum Schlafzeit-Reduzieren, doch landet man so schnell bei einer beliebten Foltermethode – dem Schlafentzug. Sicher ist im Rahmen einer depressiven Erkrankung ein Schlafentzug eine gute Behandlungsmaßnahme, doch soweit wollen wir es nicht kommen lassen. Wir sind hier mal der Meinung, dass jeder Mensch seinen Schlaf braucht und ihm der Schlaf zusteht. Und dann kommt so ein Teil wie der Wecker – so etwas muss ein Quälgeist erfunden haben!

 

Aus der Berufserfahrung

Ich möchte hier ein paar Anregungen für einen gesunden und erholsamen Schlaf geben. Also dem Schlaf, nach dem Du am Morgen aufwachst und Bäume ausreißen könntest, also Bonsaibäume. Es gibt immer wieder viel zu lesen und viele Meinungen über Schlafstörungen (die vor allem in der westlichen Gesellschaft zunehmen) und genauso viele Maßnahmen, die versprechen, dass sie vorbeigehen. Nach über zehn Jahren der Arbeit in der Psychiatrie, wo Schlafstörungen zu den alltäglichen Krankheitsbildern gehören, und ich sie dank Wechselschichtsystem am eigenen Leib erlebt habe, will ich diesem Thema einen Artikel widmen.

 

Neue Situationen beeinträchtigen den Schlaf

Dies ist die Ausgangssituation: Wir können nicht davon ausgehen, dass wir ein Leben so im Einklang führen können, dass niemals Schlafstörungen auftreten. Zudem haben sie unterschiedliche Ursachen und sollten daher genauer betrachtet werden. Ich fand es immer schon vermessen, wenn Patienten in die Klinik kamen und davon ausgingen, dort den erholsamen Schlaf in der ersten Nacht wiederzufinden. Denn man bedenke: Wenn Du in eine neue Umgebung kommst, es nicht Dein eigenes Bett ist, Du vielleicht noch einen Zimmernachbarn hast, der etwas lauter ist – wie soll das denn klappen? Okay, sicher hast Du all die Jahre noch nie Probleme damit gehabt. Doch kommt vielleicht jetzt noch dazu, dass Du unter Jetlag leidest oder gerade eine schwierige Phase in Deinem Leben durchlebst. Selbst wenn Du dies alles super und easy managest, kann es sein, dass es Dich vom Schlafen abhält.

Weißt Du, dass Babys fast den ganzen Tag verschlafen? Da ist ja auch viel los in so einem kleinen Köpfchen, das mag in den verschiedenen Schlaf-Phasen verarbeitet werden. Im Laufe des Lebens nimmt die Dauer des nächtlichen Schlafes jedoch ab. Im Alter zwischen 19 und 30 Jahren sollen es laut Studien nur noch 7,75 Stunden sein. Das ist wichtig zu wissen, denn so manchmal gehst Du vielleicht mit der Erwartung in die Nacht, dass es so wie früher einfach 8 Stunden sein müssen, um erholt zu sein. Da ergibt es Sinn, mal zu schauen, wie viele Stunden Du brauchst, um erholt und munter in den Tag zu starten. Weniger Sinn ergibt es, sich an den theoretischen Zahlen einer Studie aufzuhängen.

 

Für und wider Kaffee – versuch mal was anderes!

Hier kommt auch die Stelle mit der Diskussion über Kaffeekonsum. Es ist super, dass Du schon so lange Kaffee auch zur Nacht trinken konntest und trotzdem gut in den Schlaf gefunden hast. Doch wenn Du nun gerade eine Phase mit Schlafstörungen hast oder, wollen wir es mal nicht so sehr dramatisieren, mit Schlafproblemen, dann ergibt es Sinn, den abendlichen Kaffeekonsum doch mal zu überdenken. Dazu zählen übrigens auch schwarzer Tee und Nikotin am Abend. Die Kombination aus schwerem Essen bzw. üppigem Abendessen und dem Wunsch, danach schlafen zu wollen, ist auch weniger günstig. Schwere Kost können aber auch die Nachrichten sein oder ein anstrengendes Telefonat. Klar kann man mit Einbruch der Dunkelheit super Probleme wälzen, doch bringt das nichts.

„Schlaf eine Nacht drüber“ hat so manches Problem schon gelöst.

 

Weitere Methoden für den gesunden Schlaf

Lass die Sorgen und Probleme aus dem Bett, schreibe sie nieder und verbanne sie auf einen Zettel, den Du anschließend zerknüllen, zerreißen oder ins Kaminfeuer werfen kannst. Damit kannst Du Dir vieles von der Seele schreiben und gleich im wahrsten Sinne des Wortes auslöschen.

Die andere Variation ist das „positive Tagebuch“. Da kommt alles rein, was Dir gut gelungen ist, was Dir Spaß gemacht hat oder tolle Begegnungen. Ganz klar mein Favorit, ich habe es schon oft genutzt. Denn ewig in Problemen zu stochern, macht sie definitiv nicht besser.

Auch sehr schön, wenn Du Dir fünf Bohnen, Linsen oder kleine Steine am Morgen in die linke Tasche steckst und immer wenn Dir etwas Positives und Schönes widerfahren ist, eine Bohne von der linken in die rechte Tasche steckst. Und am Abend schaust Du sie Dir noch einmal einzeln an und freust Dich über die positiven Erlebnisse. Wer sich mit Achtsamkeitsübungen auskennt oder Meditation, kann jeden Abend eine Übung vor dem Einschlafen zu seinem Abendritual werden lassen.

 

 

Auf einen Blick, so kannst Du guten, erholsamen Schlaf fördern:

  1. Mit Aromatherapie
  1. Übungen für den Geist
  1. Technische Unterstützung

 

 

Die innere Uhr hat jeder

Es kann sein, dass Du vielleicht einen tickenden Wecker hast oder Dein Schlafzimmer zu warm ist. Die optimale Temperatur zum Schlafen liegt bei 16 °C, also nichts mit Fenster zu und Heizung auf, das wird über Nacht zur Sauna. Schaue, dass Du Deinen Raum so gestaltest, dass Du zur Ruhe kommen kannst und das Bett nicht als Schreibtisch verwendest. Ins Bett gehören Spaß und Schlaf, Du verstehst? Na, und wenn es geht, so steht es hier ja als Titel, verzichte auf den Wecker. Dein Körper weiß schon, wann er genug Power für den nächsten Tag hat, dann raus aus dem Bett und das System hochfahren. Also nicht den PC, sondern Du Dich, mit einem guten gesunden Frühstück und vielleicht sogar dem Blick aufs Meer. Geht gerade nicht? Arbeite dran; es ist viel genialer, ohne Wecker aufzustehen und das Meer beim Rauschen zu genießen.

Was auch wichtig zu beachten ist: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das kannst Du Dir zunutze machen, indem Du Dir Dein eigenes Abendritual schaffst. Also abends langsam runter kommen, Fernseher aus, gemütliche Musik an, die Klamotten für den nächsten Tag rauslegen, einen Schlaftee trinken, ein paar Zeilen ins positive Tagebuch schreiben, mit einem herrlich duftenden Körperöl einölen und langsam in den Schlaf sinken. Wie auch immer Dein Ritual aussieht – schaue, dass es Dir die Möglichkeit gibt, den Tag langsam ausklingen zu lassen. Kurz nach einer zum Beispiel kognitiv anstrengenden Arbeit wirst Du kaum sofort abschalten und in den Schlaf finden können.

 

Bei Unklarheiten, lass es mal abchecken

Wie Du gemerkt hast, gibt es viele Dinge, die man da beachten kann. Bitte verstehe sie als Anreize und Ideen. Zuerst sollte geklärt sein, wie lange die Schlafschwierigkeiten andauern und ob es vielleicht gerade „normal“ ist, dass der Schlaf nicht die Wonne ist. Da helfen Kleinigkeiten, um in den Schlaf zu kommen wie z.B. eine heiße Milch mit Honig, das wunderbare Lavendelöl, eine Runde progressive Muskel Relaxatation kurz PMR, ein Abendritual wie Schnulzen lesen oder Schäfchen zählen. Schaue und überlege, was sich vielleicht verändert hat in Deiner Umgebung oder auch in Dir. Experimentiere und probiere.

Wenn alles nichts hilft und Du merkst, dass nichts besser wird, schau auf jeden Fall doch mal beim Arzt vorbei. Denn es kann auch eine körperliche Erkrankung dahinter stecken. Wichtig ist, nicht den Kopf in den Sand stecken. Lass Dich beraten und schleppe Dich nicht zu lange damit alleine rum. Du bist nicht alleine, denn circa 20 % der Bevölkerung in den westlichen Industrieländern leiden an Schlafstörungen. Dass es dagegen eine Arzneigruppe gibt – die Schlafmittel – wissen viele, doch wie schnell so ein Medikament vom Hausarzt verschrieben wird und was es für heftige Nebenwirkungen hat, wissen wenige. Da lohnt es sich, auch einmal einen Blick auf pflanzliche Alternativen zu werfen. Denn das ist schließlich die älteste Medizin der Welt.