Bei meiner Reise ins Piemont war es mir leider nicht vergönnt, die üppige Pracht der Lavendelblüten zu erleben. Der Traum von endlosen duftenden Lavendelfeldern musste auf das kommende Jahr verschoben werden. Früher hatte ich von einem Freund aus Freiburg den Tipp bekommen, dass es eine Lavendelfarm im malerischen Kaiserstuhl gibt. Im Sommer 2023 entschied ich mich spontan, Beate Klingenmeier anzurufen, um herauszufinden, ob ihre Lavendelfelder noch in voller Blüte stehen oder bereits abgeerntet wurden. Ohne zu zögern ergriff ich die Gelegenheit und begab mich auf den Weg in den sonnenverwöhnten Süden Deutschlands.
Angekommen im Hofladen, wurde ich von einem betörenden Duft empfangen. Überall Lavendel, soweit das Auge reicht. Vom Eingangsbereich bis zu kleinen Sträußchen, die zum Trocknen aufgehängt waren, war der herrlich krautig-blumige Duft allgegenwärtig. Nach einem kurzen Gespräch mit Beate Klingenmeier machte ich mich mit großer Erwartung und einer Karte in der Hand auf den Weg zu den Lavendelfeldern. Nach einem kurzen Spaziergang durch den malerischen Ort kam ich nach etwa 5 Minuten endlich am ersten Lavendelfeld an.
Ein Farbenmeer inmitten der Weinreben
Helles und dunkles Violett, tiefes Blau mit einem Hauch von Silberglanz – der Lavendel, der in üppigen Reihen wuchs, bildete einen faszinierenden Kontrast zum satten Grün der Weinreben. Die Farben zogen unweigerlich alle Blicke auf sich. Der betörende Duft des Lavendels lud nicht nur Radfahrer und Spaziergänger in Vogtsburg-Bischoffingen zu einer entspannten Pause ein, sondern zog auch zahlreiche Insekten an. An einem alten Brunnen am Rand des Feldes hatte Beate Klingenmeier sogar eine Bienentränke aufgestellt. Eine Mulde im Lavendel verriet, dass auch Wildtiere die beruhigende Duftumgebung genossen.
Die Verdienste dieser beeindruckenden Lavendelpracht im Kaiserstuhl liegen bei Beate und Wolf Klingenmeier. Sowohl Lavendel als auch Wein sind Kulturpflanzen, die der Mensch seit langem kennt. Bisher war Lavendel im Kaiserstuhl vor allem als beliebte Gartenpflanze bekannt, erklärte Beate Klingenmeier. Ihre Begeisterung für dieses sonnenliebende Gewächs, das kalkhaltigen Boden bevorzugt, war schon lange gewachsen. Regelmäßige Besuche in der Provence, wo ein befreundeter Winzer Lavendel anbaut, hatten diese Leidenschaft noch verstärkt.
Ein Hauch von Frankreich am Kaiserstuhl
Während der Corona-Zeit mit all ihren Herausforderungen hatte Beate Klingenmeier viel über die Bedürfnisse von Lavendel in Bezug auf Boden und Klima gelesen. Ihre Überzeugung wuchs, dass diese Pflanze hervorragend in ihre Region passen würde. Ein besonderer Moment war der Besuch des Gartens von Claude Monet in Giverny, Normandie. Dort saß sie in einer Allee aus Lavendel und war von der Schönheit völlig verzaubert. Nach der Weinlese entschlossen sie sich schließlich zu einer Forschungsreise nach Frankreich, erzählte sie begeistert. Während dieser Reise erlangten sie durch den Austausch mit Experten eine Fülle von Wissen über die Vorlieben dieser Pflanze und fanden schließlich das passende Pflanzmaterial in einer französischen Bio-Baumschule. Echter Lavendel und Lavandin sollten auf drei ausgewählten Flächen gedeihen, wobei eine davon direkt an die Weinreben der Klingenmeiers angrenzte. „Die Pflanzen haben wir persönlich in Frankreich abgeholt und sind Mitte März 2021 mit großer Motivation und Aufbruchsstimmung an die Arbeit gegangen“, erzählte Beate Klingenmeier. Obwohl Lavendel frostresistent ist, empfiehlt es sich, ihn erst zu pflanzen, wenn keine Minusgrade mehr zu erwarten sind. Bei den Klingenmeiers erfolgte das Pflanzen mithilfe einer Maschine, dennoch wurden alle Pflanzen von Hand in die Erde gesetzt. Die darauf folgenden Regenperioden führten zu einer ausgezeichneten Anwachsrate. Die Lavendelreihen wuchsen üppig und buschig, und die erste Ernte im Juli war äußerst erfreulich. Schauen wir noch einmal im Hofladen vorbei.
Vielfältige hausgemachte Lavendelprodukte
Beate Klingenmeier hatte im Vorfeld bereits darüber nachgedacht, welche Produkte aus den Lavendelblüten hergestellt werden könnten. Im vergangenen Jahr entschied sie sich dafür, Sirup aus den frisch getrockneten Blüten herzustellen. „Ich habe viel experimentiert und mich dafür entschieden, den echten Lavendel zu verwenden, da er geschmacklich vielfältiger ist“, erklärte sie. Ein Glas ihres eigens kreierten sommerlichen Cocktails, bestehend aus einer Mischung aus Rivaner und Lavendelsirup, reichte sie zur Verkostung. Der erfrischende Cocktail erfreute gleichermaßen Nase und Gaumen. Dieses außergewöhnliche Geschmackserlebnis konnte schwer in Worte gefasst werden und musste gemeinsam erlebt werden. Frische, süßliche Zitrus- und Bergamottendüfte verschmolzen mit einem Hauch von Maiglöckchen und grasigen Nuancen. Spritzige Pfeffer- und Minznoten tauchten auf und boten gleichzeitig ein undefinierbares, balsamisch-warmes Kontrastelement. „Der Geschmack von Lavendel ist einzigartig“, betonte auch Beate Klingenmeier. In Frankreich und England wird er längst in süßen und herzhaften Gerichten geschätzt. In ihrem Lavendelshop in Bischoffingen, einer liebevoll restaurierten Scheune an der Dorfstraße, konnten neugierige Besucher nicht nur den Sirup, sondern auch andere Produkte entdecken. Die Mischung „Herbes de Provence“ hat in Frankreich Tradition, doch leider fehlt sie oft in für den Export bestimmten Produkten. Beate Klingenmeier empfahl außerdem Lavendel mit Meersalz sowie eine süße Variante aus den Blüten der letzten Ernte und Zucker. Im Laden waren auch Naturseifen und Lavendelkosmetik aus Frankreich erhältlich.
Die Botanik des Lavendel
„Lavendel ist dank seiner beruhigenden Wirkung seit Jahrhunderten bekannt“, sagte Beate Klingenmeier. Die Ernte des echten Lavendels begann Mitte Juni, von Hand mit einer Sichel, um den zweijährigen Pflanzen ihren optimalen Rückschnitt zu ermöglichen. Die Pfahlwurzel der Pflanze war tief im Boden verankert und entwickelte sich zu einem kugelförmigen, verzweigten Halbstrauch von etwa 30 Zentimetern Höhe. Jedes Jahr bildete er junge Triebe mit schmalen, nadelartigen Blättern, die silbrig-grau glänzten. „Im Laufe der Zeit verholzten die älteren Zweige, daher war ein regelmäßiger Rückschnitt unerlässlich, um ein Auseinanderbrechen der Pflanze zu verhindern“, erklärte Beate Klingenmeier. Die Ernte begann ab 10 Uhr, wenn der Gehalt an ätherischen Ölen in den Blüten während der Mittagszeit am höchsten war. Auf einem zentralen Feld vor dem Hotel Restaurant Kreuz-Post im benachbarten Burkheim blieb die Schönheit des Lavendels unberührt. Verschiedene Lavendelsorten wuchsen hier in verschiedenen Farben und Intervallen. „Das trockene und heiße Wetter der vergangenen Wochen hat für eine Fülle von Blüten, Duft und Insekten gesorgt“, freute sich Beate Klingenmeier und fügte hinzu: „Es ist wahrlich zauberhaft, dass diese blauen Felder wirklich existieren und die Landschaft des Kaiserstuhls auf solch beeindruckende Weise bereichern können.“
Wenn Du Beate und Wolf Klingenmeier besuchen möchtest, findest Du ihren Laden unter folgender Adresse. Dort erhältst Du auch einen Lageplan mit den Standorten der Lavendelfelder für eine Besichtigung.
KAISERSTUHL-LAVENDEL
Dorfstraße 8
Vogtsburg-Bischoffingen
Telefon 07662/935775
www.kaiserstuhl-lavendel.de
Interessante Fakten über den Lavendel
ECHTER LAVENDEL hat seinen Ursprung im Mittelmeerraum und wächst wild in den Bergen bis zu einer Höhe von 1.800 Metern. Violette Blütenrispen entwickeln sich an langen Stielen von Juli bis September. Die Pflanze produziert ätherische Öle in Stielen, Blättern und Blütenkelchen. Diese Öle werden als Heilmittel geschätzt und wirken beruhigend bei Schlaflosigkeit und Stress. Schon die Römer schätzten seine Wirkung und aromatisierten ihre Bäder mit Lavendel. Über die Klöster verbreitete sich die Pflanze in Europa.
LAVANDIN ist eine natürliche Kreuzung aus echtem Lavendel (Lavandula officinalis) und Speick-Lavendel (Lavandula latifolia). Die kugelförmige Pflanze mit Stielen von bis zu 100 Zentimetern ist robust und winterhart bis minus 23 Grad Celsius. Da die Pflanzen und Blütenrispen größer sind als die des echten Lavendels, ist auch die Menge an ätherischem Öl höher. Dieses Öl hat einen leicht herben, holzigen Duft mit Anklängen an sonnenverwöhnte Kräuter und Kampfer. Lavandinöl wird in Seifen, Parfums, Sauna-Aufgüssen und Reinigungsmitteln verwendet.